FRAMES (2012-2018)

FRAMES wird gefördert durch den Spitzenverband der Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV e.V.) mit finanzieller und logistischer Unterstützung folgender Institutionen und Unternehmen

© FRAMES


Einleitung und Überblick

Derzeit werden große Bemühungen unternommen, um die Fahrzeug-Fahrzeug Kommunikation zur Vermeidung von Unfällen und zur erhöhten Verkehrseffizienz zu optimieren. Europaweit werden dafür Funkfrequenzen reserviert und die Fahrzeuge technisch vorbereitet, um ab 2015 Frühwarninformationen über Kollisionsgefahren und Staus auszutauschen. Leider werden bei all diesen Verfahren die schwächeren Verkehrsteilnehmer, Fußgänger und Radfahrer nur sehr unzureichend berücksichtigt. Genau hier setzt das Projekt FRAMES an, um diese Zielgruppen ebenfalls vom technischen Fortschritt sicherheitlich profitieren zu lassen.

Eine Vielzahl an Verkehrsunfällen geschieht beim Rangieren und Rückwärtsfahren. LKW setzen z.B. zum Be- und Entladen zurück und kollidieren dabei mit Einweisern, Passanten, Bedienungspersonal einer Müllpresse oder stoßen mit anderen Fahrzeugen oder Gegenständen zusammen. Schüler verhalten sich spontan und wenig berechenbar und sind oftmals von Hindernissen verdeckt, z.B. parkenden Fahrzeugen. Gabelstaplerunfälle geschehen oft, weil Gefahren nicht rechtzeitig wahrgenommen werden. Derzeitige Schutzsysteme basieren ausschließlich darauf, dass Sensoren oder Kameras am Fahrzeug die Gefahr erkennen und rückmelden. Verdeckte Personen, spontane Bewegungen etc. werden nicht berücksichtigt. FRAMES basiert dagegen auf einer funkbasierten wechselseitigen Information, so dass Fahrzeuge auch dann Warnsignale erhalten, wenn die Hindernisse verdeckt sind, aber auch Fußgänger und Radfahrer selbst eine Rückmeldung über eine mögliche Unfallgefahr bekommen, sodass beide Verkehrsteilnehmer Schutzmaßnahmen einleiten können.

Die dazu notwendige Technologie muss jedoch zur Erfüllung dieser Aufgabe erweitert und angepasst werden, bei gleichzeitiger Nutzung der europaweiten Standards und Planungen für die Fahrzeug-Fahrzeug Kommunikation (ETS ITS-G5, 802.11p). Dies ist der Teil des Projektes, den die Forschungsgruppe Verkehrstelematik der htw saar übernimmt. Damit die hinter dem Frühwarnsystem liegende Programmierung die richtige Balance zwischen echten und falschen Warnungen, zwischen zu vielen und zu wenigen Signalen und für schnell verändertes Verhalten erhält, ist es notwendig, die Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer möglichst genau vorherzusagen und so abzubilden, dass die Fahrzeugführer nicht mit Signalen überschwemmt werden oder zu wenige erhalten. Außerdem ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Risikoadaptation zu rechnen, das heißt dass Fahrzeugführer und auch Radfahrer und Fußgänger sich sicher fühlen, weil sie kein Signal erhalten, und schneller oder unaufmerksamer fahren, und dabei Menschen oder Fahrzeuge ohne Transponder übersehen. Die Erforschung dieser verhaltenswissenschaftlichen Daten und Maßnahmen zur Prävention werden vom Lehrstuhl Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie der FSU Jena übernommen.

In diesem interdisziplinären Ansatz besteht damit die Chance, frühzeitig hochmoderne Technologien auch zum Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer nutzen zu können. Der Nutzen für die Unfallversicherungsträger (UVT) besteht u.a darin, dass eine neue Technologie für die Präventionszielgruppen nahezu aller UVT genutzt werden kann, denn Rangieren und Transportieren betrifft ebenso alle wie Fußgänger- und Radfahrerverkehr. Weitere Nutzen für die Unfallversicherungsträger bestehen darin, derzeit mit großem finanziellem Aufwand entwickelte Technologie frühzeitig für Sicherheitszwecke nutzen und sogar mitgestalten zu können. Für den Arbeitgeber besteht der weitere Nutzen darin, dass neben der Prävention von Personenschäden, die Technologie auch über stationäre Anlagen zur Vermeidung von Sachschäden genutzt werden kann. Für die öffentliche Hand wird dem sehr wichtigen Thema der Unfallverhütung von Schülerinnen und Schülern ein weiteres, technisches Schutzinstrument zur Verfügung gestellt, das mit relativ geringem Aufwand weit verbreitete Technologie, z.B. das Handy, so nutzen kann, dass es zum Schutz beiträgt.

Idee

  • Einbeziehung von VRUs (vulnerable road users, speziell Fußgänger, Fahrradfahrer) in bestehendes ITS Umfeld
  • Aktive Warnung von VRUs in Gefahrensituationen um diesen die Möglichkeit der Gefährdungsvermeidung zu geben
  • Problemlösungsansatz für Toter Winkel, Verdeckung, Kreuzungssituation
  • Unabhängige Positionierung für Fußgänger (nicht abhängig von Fahrzeugsensorik) ermöglicht Information und Warnung vor potentiell gefährlichen Gebieten
  • Nutzung von vorhandener Technologie zur Informationsübertragung
  • Fahrzeugsystem integriert sich in vorhandene C2X Architektur (dabei Standardkonformität)
  • VRU System nutzt aktuelle Mobilgeräte als Systemgrundlage (Smartphone als Application Unit und HMI)

Anwendung

Zukunftsträchtiges System zur Erweiterung des elektronischen Horizonts

  • Möglichkeit gewonnene Daten bei automatisiertem Fahren zu nutzen
    • Wissen über Position von VRU ermöglicht Anpassen des Fahrzeugverhaltens
  • Durch Unabhängigkeit von Fahrzeugsensoren zur Ortung des VRU Umgehen von Verdeckungen (Keine direkte Funk-/Sichtverbindung notwendig)
  • Durch Einbeziehung von Inertialsensorik :
    • Prädiktion der VRU Bewegung: dadurch mögliche Vorverlegung des Warnzeitpunktes (Warnen, wenn mögliche Gefährdung absehbar, nicht wenn akut)
    • Betrachtung von VRU Verhalten und dadurch Erkennung von Bewegungsmustern
    • Möglichkeit adaptiv auf Verhalten des VRU zu reagieren und ggf. Fahrzeugführung anzupassen
  • Ziel: vollständige Integration in Smartphone
    • Direkte ETSI ITS-G5 Kommunikation mit Smartphone

Verkehrspsychologischer Anteil durch die Universität Jena

Parallel zur technischen Entwicklung des Schutzsystems erfolgt die Erhebung und Analyse von Daten zur verkehrspsychologischen Betrachtung der Forschungsgegenstände. Hierzu werden unter anderem Betriebsbeobachtungen zur Identifikation von Gefahrenpotentialen und ihrer Randbedingungen durchgeführt. Zudem werden Versuchspersonen in Verkehrssimulationen beobachtet und ihr Verhalten erfasst und analysiert.

Schwerpunkte:

  • Erkenntnisse zu verhaltensbezogenen Ursachen von Unfällen, Beinaheunfällen und generellen Bewegungsmustern
  • Analyse von spezifischen Fußgängergefährdungen
  • Verhaltensadaptationen, Risikomuster, Nutzerakzeptanz

Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse werden in einem weiteren Schritt in die Entwicklung des VRU-Schutzsystems zurück geführt.

Hier gehts zum Projektfilm.


Vom 19. bis 23. September 2016 fanden umfangreiche Probandentests statt. Hier geht’s zu News-Artikel mit Fotos.


Projektlaufzeit

01.11.2011 bis 31.12.2017

Projektpartner